Montag, 1. März 2021
Die Sache mit Corona...
Warum hier so lange nichts kam.



"In Zeiten von Corona" sind vier Worte, die uns in dem vergangenen Jahr ständig begleitet haben. Wir haben sie viel zu häufig gehört und vermutlich noch öfter selbst gesagt. In Zeiten von Corona kann man nun mal nicht mehr einfach so reisen. In Zeiten von Corona geht's nicht mehr darum, was man darf, sondern was vernünftig ist. In Zeiten von Corona muss man zweimal überlegen, ob man irgendwo hingeht... und so weiter.

Nach meiner 10-Tages-Quarantäne schien das alles nicht mehr zu gelten. Die Bars sind offen, Freund:innen kann man jeden Tag sehen. In Supermärkten und Läden muss man nicht einmal mehr Masken tragen. "Keep your Distance"-Schilder sind das Einzige was einen hier an Corona erinnert. Naja, und so haben wir uns auch verhalten. Und dann haben wir eben die Rechnung bekommen.

Am 21. Januar waren wir noch feiern in einer Bar und am 22. fiel dann das Chaos über uns ein. "Ich wollte nur eben allen Bescheid geben, dass ich gerade einen Anruf vom Gesundheitsamt bekommen habe und anscheinen positiv bin" wurde in unseren Internationals-Gruppenchat geschickt. Er sei seit seinen ersten Symptomen in Quarantäne habe aber vorher Kontakt zu einigen gehabt, unter anderem mit Bens Mitbewohner Bram. Ihm selbst ging es zwar gut, aber Ben hat an dem Abend noch Fieber bekommen, ich hatte am Samstag-Nachmittag meine ersten Symptome... und so weiter. Nachrichten von Studierenden, die Symptome hatten, sich testen ließen, oder sogar positiv getestet wurden, vermehrten sich in der nächsten Woche quasi exponentiell. Corona war bei den Internationals angekommen.

Wie, warum, und durch wen, weiß keiner, aber es war nicht mehr zu leugnen: Wir hatten der Stadt Jyväskylä ganz schöne Scheiße eingebrockt. Und das hieß, mit den Konsequenzen umgehen:

- nochmal zwei Wochen (bei manchen sogar drei Wochen) Quarantäne oder Isolation
- die Leute, die man gerade kennen und lieben gelernt hat, wieder nicht sehen
- gecancelter Präsenz-Unterricht
- Symptome
- Schuldgefühle

Und das mit den Symptomen, war bei mir gar nicht mal so ohne. Ich hatte definitiv keinen schweren Verlauf, aber halt auch keinen leichten. Ich hatte Schnupfen, Migräne, Husten, war unfassbar schlapp, und hab die meiste Zeit einfach nur geschlafen oder irgendwas geguckt, ohne den Inhalt wirklich aufzunehmen. Vor allem der Druck auf meiner Brust, den ich genau beobachten sollte, hat mir ganz schön Sorgen bereitet.

Hier muss ich aber auch nochmal meine Uni einwerfen, denn die hat sich grandios um uns gekümmert. Direkt als klar war, dass das Virus im Umlauf ist, wurden wir alle informiert und eine mobile Test-Station im Studierenden-Dorf organisiert. Außerdem haben wir wieder den Essens-Lieferdienst zur Verfügung gestellt bekommen, damit wir auch in Isolation versorgt waren. Alle zwei Tage wurden Zoom-Info-Veranstaltungen gehalten, damit wir wissen, was Sache ist - eine davon war mit einem Psychologen. Alle Dozierenden haben uns nochmal gesagt, dass wir uns melden sollen, falls etwas ist und sie uns keinen Vorwurf machen. Und jede:r Studierende hat ein Einzel-Zoom-Gespräch mit Leuten der der Uni geführt, in dem es einfach nur darum ging, uns noch einmal zu versichern, dass uns keiner einen Vorwurf macht und um sicher zu stellen, dass wir mit der Situation klar kommen und soziale Kontakte haben. Das war schon ziemlich sehr nett!

Nach einer guten Woche, die ich ausschließlich im Bett verbracht hatte, ging es mir dann aber langsam besser und ich hatte Zeit, über die ganze Sache nachzudenken und zu reflektieren.

Wie konnte mir sowas passieren, dabei war ich doch sonst so vorsichtig? Sind die Einwohner:innen jetzt wohl sauer auf uns? Wenn ja, zu Recht? Wie viel Schuld soll ich mir für die Situation geben? Hätte das ganze verhindert werden können?

Zu Antworten bin ich nicht wirklich gekommen, ich habe aber aus der Situation gelernt, was ich eigentlich schon wusste: In Zeiten von Corona geht's nicht mehr darum, was man darf, sondern was vernünftig ist. Und danach versuche ich jetzt den Rest der Zeit zu gestalten. Das heißt nicht, dass ich jetzt gar nichts mehr machen werde (immerhin will ich ja auch die Zeit hier genießen). Es heißt aber, dass ich nicht mehr zu Partys in Bars gehe, auch wenn sie erlaubt sind. Ich versuche, nicht mit 100 verschiedenen Leuten etwas zu machen, sondern gucke, dass ich meine Kontakte beschränke. Und ich habe einen Lappland-Trip, der mit ganz vielen verschiedenen Studierenden aus unterschiedlichen Teilen Finnlands in einem Bus gewesen wäre, abgesagt. Stattdessen haben wir uns mit einer kleineren Gruppe zusammengetan und einen eigenen Trip geplant, bei dem wir fast nur Kontakt miteinander hatten und mit Autos gefahren sind. Auf die Reise haben wir uns dann Mitte Februar begeben, als wir alle wieder aus der Quarantäne/Isolation raus waren.

Darüber berichte ich dann die nächsten Tage und Wochen. Es war nämlich ziemlich fantastisch...

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